Strategisches Change Management - Experte Christian Jandl im Interview
Christian Jandl beschäftigt sich als Business Development Manager mit digitaler Strategie und Change-Management sowie mit Automatisierung und künstlicher Intelligenz zur Optimierung von Geschäftsabläufen. Seit 2019 ist er bei der ACP Holding Digital AG, leitete davor den Bereich Consulting und Services der ACP Salzburg. Während seines MBA Studiums fokussierte er sich auf die Forschungsgebiete „strategisches Change Management“ sowie „Leadership“, und spannt damit eine Brücke zwischen der neuen Art des Arbeitens und der Technologie.
Christian Jandl, Experte für digitale Strategie und Change Management
Herr Jandl, wenn Sie den Begriff des neuen Arbeitens hören – was sind Ihre ersten Gedanken dazu?
Das erste was mir dazu einfällt, ist die technologiegestützte Verknüpfung von Mensch und Prozess an wichtigen Punkten der Wertschöpfungskette. An diesen Punkten sollen Entscheidungen getroffen werden. Entweder durch den Menschen, durch eine künstliche Intelligenz, oder durch einen Menschen, der durch die KI unterstützt wird. Es sind die beiden Schlagwörter „Wissen“ und „Entscheiden“ die das Arbeiten auf ein neues Niveau heben.
Ich habe das Thema für mich so definiert, dass jeder der mit der Wertschöpfung eines Unternehmens zu tun hat, Information benötigt, aus denen Wissen für Entscheidungen gewonnen werden sollen. Die dafür notwendigen Informationen werden aus „internet of everything“, der nächsten Generation von „internet of things“ gewonnen. IoE stellt dabei die Verknüpfung von Menschen, Prozessen, Daten und Gegenständen dar. Das notwendige Wissen um bestmögliche ökonomische, aber auch soziale Entscheidungen an jeder Stelle der Wertschöpfung treffen zu können, stellt für mich das neue Arbeiten dar.
Ist New Work aus Ihrer Sicht daher auch ein Thema der Unternehmenskultur?
Es ist sogar einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um New Work geht. Durch die thematische Nähe zur Digitalisierung, welches aus meiner Sicht mittlerweile ein Modewort geworden ist, ist es dennoch eine bewusste Veränderung – die dann durch Technologie gestützt ist. Jetzt fängt Veränderung bestenfalls nicht in der IT-Landschaft an, sondern nimmt ihren Ursprung in der digitalen Strategie und die erfordert wiederum eine veränderungsfähige Unternehmenskultur.
Die Unternehmenskultur ist essentiell für das Gelingen einer digitalen Strategie
Es sind Menschen im Unternehmen die New Work leben und dementsprechend muss sich auch jedes Unternehmen fragen: brauche ich wirklich eine Stechuhr oder möchte ich, dass meine Belegschaft ergebnisorientiert arbeitet?
Das ist die erste Frage, die sich ein Unternehmen stellen muss bevor es an New Work und damit verbundenen Technologien geht.
Ist diese Art der Veränderung für Führungskräfte schwer durchzuführen und zu leben?
Das ist sie mit Sicherheit. Man muss sich ja vorstellen, dass du zu den bestehenden und guten Kompetenzen einer Führungskraft nun auch andere Faktoren hinzukommen. Es kommt zu einer Trennung zwischen „Managern“ und „Leadern“.
Der Manager ist zahlengetrieben - das hat auch die längste Zeit gut funktioniert, wird vermutlich auch noch eine gute Zeit lang gutgehen. Doch besonders diese Art von Führungspersönlichkeit tut sich mit New Work schwerer, da es plötzlich nicht nur um Optimierung und Prozess geht, sondern um menschliche Bedürfnisse die integriert werden müssen. Da greift ihm die Technologie vor, denn wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Großteil ihrer Arbeit mittels KI oder ähnliches erledigen können, was tun sie dann mit ihrer gewonnen Arbeitszeit?
Hier ist es an der Führungskraft zu erkennen und in Gesprächen herauszufinden, wo die wirklichen Stärken und Schwächen innerhalb des Teams liegen, um daraus neue Arbeitsfelder zu generieren und Raum für Vorsprung zu schaffen. Leader tun sich da leichter, da sie von Anfang an eine soziale Ebene mitnehmen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch Werkzeuge in die Hand geben, um Erfolg gestalten zu können.
Als Manager sehe ich Prozesse, in denen Menschen arbeiten. Als Leader sehe ich Menschen, die sich Gedanken darüber machen, wie das Ergebnis eines Prozesses besser wird.
Ist die neue Generation an Arbeitskräften anspruchsvoller und damit schwieriger in Unternehmen zu integrieren?
Schwieriger ist hier nicht das Wort, ich denke „anders“ trifft es eher. Wenn ich das klassische Konzept der Maslow Pyramide heranziehe, dann hat die ältere Generation einen anderen Fokus. Sie wollten sich eine Lebensbasis schaffen, hatten daher eher Sorgen wie ein vernünftiges Dach über dem Kopf.
In unserer jetzigen Gesellschaft haben wir uns ein gutes Leben aufgebaut. Wir beschäftigen uns mit gänzlich anderen Themen und damit wandern wir in der Pyramide einige Etagen weiter, in Richtung „Selbstverwirklichung“. Das bedeutet andere Anforderungen an ein Unternehmen, an eine Arbeit.
Junge Generation: Selbstverwirklichung auch am Arbeitsplatz
Junge Menschen möchten sich anders in eine Organisation einbringen, sie möchten für sich sinnstiftend arbeiten. Dafür fordern sie aber auch ein anderes Umfeld, als jenes des klassischen 4-er Büro mit Glastüre. Sie sind aber im Gegenzug auch bereit, mehr zu geben als „nine to five“ es zulassen würde.
Unternehmen werden auch nicht auskommen, diese Menschentypen zu integrieren – es zeichnet sich wohl kaum ein Umkehrtrend ab, bei dem wir alle wieder zur Fließbandarbeit umkehren werden. Es braucht daher die Balance zwischen erfahrenen Kolleginnen und Kollegen und neuen Ideen für das Unternehmen. Diese Kombination macht aus Unternehmen attraktive Arbeitgeber, die sich am Markt einen Vorsprung sichern.
New Work ist daher auch kein Generationenthema?
Aus meiner Sicht, sollte New Work alle abholen – den einen mehr, den anderen weniger. Man kann als Unternehmen das Umfeld bieten, in dem jeder und jede seine Arbeit gut verrichten kann.
Das hat aber auch etwas mit Agilität zu tun. Wieso tauschen wir nicht starre Büroräume gegen variable Büroräumlichkeiten? Das fängt doch schon damit an, dass ich transportable Sitzmöglichkeiten zur Verfügung stelle, damit sich jemand zu jemand anderem an den Schreibtisch setzen kann. Das ist eine kleine Maßnahme, die dazu führt, dass sich Menschen willkommen fühlen da sie eine Sitzmöglichkeit bekommen. Das klingt banal, aber wirkt.
Haben Unternehmen für New Work schon die richtige Change-Kompetenz?
Change-Kompetenz bedeutet für mich, Veränderung so zu ermöglichen, dass die Wertschöpfung dahinter positiv ist und nicht nur einem Trend folgt. Unternehmen verändern sich dann, wenn sie den bestehenden Erfolg, sprich die Existenz absichern möchten oder ein Wachstum anstreben.
Da wird beispielsweise nur eine einzige Maßnahme nicht ausreichen, sondern es muss die Frage gestellt werden: was brauchen wir wirklich? Womit ist unser Unternehmen erfolgreich geworden, wo können wir unsere Stärken erhalten und beispielsweise mit Technologie unterstützen?
Digitale Tools sind notwendig um modernes und neues Arbeiten zu ermöglichen, das steht für mich außer Frage. Aber eben nur dann, wenn es für den Menschen auch wirklich etwas leistet – die Arbeit soll damit einfacher und nicht noch komplexer werden. Auf Unternehmensseite brauche ich diese Tools aber auch, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Sinne der Produktivität macht es wenig Sinn jemanden vier Stunden am Tag mit einer Excel-Auswertung zu beschäftigen, wenn das ein Tool automatisiert und schneller auf den Weg bringt. Es stellt sich daher nicht Frage „ob“ ich New Work einsetze, sondern vielmehr „wofür“ ich es einsetze, damit mehr Zeit für Arbeiten bleibt, die auch Umsatz und Erfolg bewirken.
Schaffen KI, Bots und neue Tools nicht auch eine große Verunsicherung bei Menschen?
Ganz klar, Ja. Menschen in diesen Veränderungsprozess zu integrieren, erfordert auch eine andere Kompetenz als KPI Optimierung. New Work ist kein Projekt, dass nach drei Monaten abgeschlossen ist. Kann es auch gar nicht sein, denn es geht um Entwicklung und die bleibt hoffentlich nicht stehen.
Große Verunsicherung durch Künstliche Intelligenz, Bots & Co
Diese Verunsicherung innerhalb der Entwicklung aufzufangen und dafür Kompetenz zu entwickeln, ist die Aufgabe der Unternehmensführung. Kultur und Technik sollten keine Feinde sein, sondern es sollte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begeistern. Wenn ich diese Begeisterung mit meinem Change nicht hervorrufen kann, dann wird New Work in Unternehmen auch nicht gelebt werden.
Das fängt damit an, dass oftmals nicht vermittelt wird, wozu man denn überhaupt die neue Art des Arbeitens eingeführt werden soll und es dafür auch bestimmte Tools braucht, die mich unterstützen – und nicht ersetzen! Wenn ich keinen Sinn hinter der Neuerung sehe, wozu sollte ich sie dann gut heißen? Ein Konzept ohne Akzeptanz aus der Mitte, wird keinen Erfolg bringen.
Wie würden Sie den Prozess von New Work beschreiben?
Ich würde sagen, eine Kombination aus kontinuierlicher Kommunikation, Begeisterung und Einführung der digitalen Tools. Eine einmalige Kampagne funktioniert hier einfach nicht, denn Veränderung passiert nicht nur in einem Meeting und dann war es das.
Da kann das Credo nur heißen: Kommunikation und nicht Information. Das ist ja oft das Schreckensszenario in Unternehmen – man muss nun die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ein neues Projekt informieren. Das Konzept zum Projekt ist aber, überspitzt gesagt, im stillen Kämmerlein von ein paar Menschen entworfen. Und irgendwie möchte man es schaffen, dass sich mittels einer Projektinformation doch wieder alle involviert fühlen. Da erkennt man schon die Krux an der Sache.
New Work bedeutet Integration, dort trennen sich dann erfolgreiche und nicht erfolgreiche Einführungsversuche von Projekten. Unternehmen sollten keine Angst vor den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben, sondern hinhören ob das geplante Projekt sein Warum und auch seinen Zweck erfüllen kann.
Das Gespräch führten:
Elisabeth Gogg & Anna Sycik | New Work Prozessdesign | ACP X-tech
Christian Jandl ist Netzwerkpartner der ACP X-tech und berät Unternehmen bei der Umsetzung von rechtlichen Aspekten.
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